In einer Ära der Hyperkonnektivität, in der Informationen nahezu unbegrenzt verfügbar sind, wird die Herausforderung der gedanklichen Blase (Bubble) immer drängender. Gedankliche Blasen sind keine bloße Theorie, sie sind eine Realität. Sie beeinflussen die Art und Weise wie wir denken, handeln und miteinander interagieren. Diese Blasen, die aus sich selbst verstärkenden Informationsfiltern bestehen, bedrohen die Vielfalt des Denkens und stellen eine ernsthafte Gefahr für das Verständnis und den sozialen Zusammenhalt dar.
Solche gedanklichen Blasen gibt es allerdings nicht nur im politischen Umfeld (welches ich hier bewusst ausklammern will), sondern auch im unternehmerischen Kontext. Eine bestimmte Sichtweise, ein bestimmtes Narrativ wird in den Vordergrund gestellt und widersprechende Informationen werden ignoriert. Einige dieser Blasen sind abteilungsübergreifend, andere existieren in begrenzten Teilen des Unternehmens. Als Berater erlebt man es nicht selten, dass z.B. die Produktentwicklung in einer Blase der rosaroten Utopie lebt, während das Rechnungswesen in einer apokalyptisch anmutenden Dystopie darbt.

Ursachen

Eine gedankliche Blase entsteht, wenn Menschen sich in einem begrenzten ideologischen oder sozialen Umfeld bewegen, das ausschließlich ihre Überzeugungen, Ansichten und Informationen bestätigt und verstärkt. Diese Blasen können durch verschiedene Faktoren entstehen. Sei es durch die Auswahl der Medien, denen wir folgen, die Art der Diskussionen, an denen wir teilnehmen oder sogar die Personen, mit denen wir interagieren. (Soziale Medien, die auf personalisierten Algorithmen basieren, neigen dazu, Inhalte zu zeigen, die unseren Ansichten entsprechen, was zu einer verstärkten Blasenbildung führt.)

Nicht selten entstehen diese Blasen im Umfeld eines dominanten Vordenkers. Die Anerkennung eines solchen Vordenkers erhält nur, wer ihn in seiner Wahrnehmung bestärkt und die Verbreitung seines Narrativs unterstützt. Solche Vordenker können Führungskräfte sein, aber auch anerkannte Wissensträger, denen eine überragende Kompetenz zugesprochen wird.

Gefahren und Konsequenzen

Die Gefahr einer gedanklichen Blase liegt darin, die Vielfalt der Gedanken zu begrenzen. Indem sie Menschen von unterschiedlichen Perspektiven abschneidet, verhindert sie einen offenen und konstruktiven Diskurs. Diese Blasen verstärken nicht nur bestehende Ansichten, sondern können auch zu einem Mangel an Empathie und Verständnis für andersdenkende Individuen führen. Wenn Menschen ausschließlich in Umgebungen verweilen, die ihre Meinungen reflektieren, wird die Fähigkeit, andere Standpunkte zu verstehen und zu akzeptieren, erheblich beeinträchtigt. Fehlender Widerspruch ist ein gefährliches Pflaster.

Die Fähigkeit des Zuhörens, des Reflektierens der Meinung des Anderen geht zunehmend verloren. Immer häufiger ist es zu beobachten, dass selbst bei belanglosen Themen der eigene Standpunkt als der moralisch überlegene angesehen wird und ein kostruktiver Diskurs nicht möglich ist.

Die Konsequenzen einer gedanklichen Blase reichen über das Individuum hinaus und wirken sich auf die Organisation als Ganzes aus. Gespaltene Ansichten und ein Mangel an Verständnis führen zu erhöhtem Konfliktpotenzial und die Fähigkeit der Organisation, kollektive Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden, wird ernsthaft beeinträchtigt. Kooperative Prozesse leiden ebenfalls darunter, wenn Mitarbeiter sich nur in eingeschränkten Informationsumgebungen bewegen und damit nicht in der Lage sind, gemeinsam mit Andersdenkenden Probleme zu lösen. Damit wird es schwer, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Gegenmaßnahmen

Der Umgang mit gedanklichen Blasen erfordert bewusste Anstrengungen auf individueller und organisatorischer Ebene. Auf persönlicher Ebene bedeutet dies, sich aktiv mit verschiedenen Perspektiven und Informationen auseinanderzusetzen, auch wenn sie den eigenen Überzeugungen widersprechen. Es erfordert die Bereitschaft, aus der Komfortzone auszubrechen und die Vielfalt der Gedanken und Ansichten zu schätzen. Kritische Denkfähigkeiten zu entwickeln und Quellen zu überprüfen kann dazu beitragen, sich nicht nur in einer Blase der Bestätigung zu bewegen.
Auf organisatorischer Ebene muss die Förderung von Vielfalt und Meinungsfreiheit priorisiert werden. Offene Diskussionen, in denen verschiedene Meinungen respektiert und gehört werden, sind von entscheidender Bedeutung, um das Bewusstsein für die Gefahren gedanklicher Blasen zu schärfen und den Austausch unterschiedlicher Ansichten zu fördern.

Die Verantwortung von Führungskräften gedankliche Blasen zu durchbrechen, ist von entscheidender Bedeutung. Sie hat eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung von Unternehmenskultur und Teamdynamik. Führungskräfte verfügen über die Macht und den Einfluss, den Horizont zu erweitern, Perspektiven zu diversifizieren und eine Umgebung zu schaffen, die Vielfalt und Offenheit fördert.

Sie sollten selbst das Verhalten vorleben, das Sie in Ihren Teams fördern möchten. Sie müssen aktiv verschiedene Perspektiven einbeziehen, sich mit unterschiedlichen Meinungen auseinandersetzen und Offenheit für Diskussionen und Ideen signalisieren, die nicht im Einklang mit den eigenen Überzeugungen stehen.

Indem Sie eine Umgebung schaffen, in der Mitarbeiter ermutigt werden, ihre Gedanken und Ideen frei zu äußern, können Führungskräfte dazu beitragen, gedankliche Blasen aufzubrechen. Regelmäßige Feedback-Mechanismen und Diskussionsforen können dabei helfen, diverse Meinungen zu fördern.
Führungskräfte können einen Raum schaffen, in dem kritisches und freies Denken gefördert und kontroverse Diskussionen in einer respektvollen und konstruktiven Weise unterstützt werden. Dies ermutigt dazu, festgefahrene Denkweisen zu überdenken und neue Ideen zu entwickeln.

Ferner sollten Führungskräfte sich bewusst sein, dass auch sie von gedanklichen Blasen betroffen sein können. Die Fähigkeit, die eigenen Vorurteile zu erkennen und zu überwinden ist entscheidend, um eine Umgebung zu schaffen, die offen für verschiedene Perspektiven ist.